Morgenrot |
Fühle mich derzeit etwas erschöpft; frühjahrsmüde, leichter Weltverdruss. Vielleicht fehlt mir ein bisschen die Perspektive. Es ist einfach alles sehr zäh und mühsam. Nicht direkt furchtbar, nur anstrengend und monoton. Mich plagt auch mal wieder meine alte Krankheit, der Zweifel. Das ist etwas, das ich auch seit inzwischen ziemlich genau 8 Jahren bewusstem Leben mit dem christlichen Glauben noch immer nicht enträtselt habe. Ich kenne die Argumente für den christlichen Glauben und weiß genauso um die Dinge, die schwierig erscheinen und auch um die Plausibilität ganz anderer Weltanschauungen. Normalerweise lebe ich da ganz gut in der Balance und irgendwie im Vertrauen. Dann kommt, und das warum ist mir wie gesagt noch immer nicht ganz klar, immer so eine Phase, da fehlt mir irgendwie das Vertrauen, die Vorstellungskraft? Relativ plagend. Ich denke inzwischen, dass das garnicht immer schlecht ist. Erstens empfinde ich Weltanschauungen der Marke "Basta! Ist so! Alles erklärt! Käs' gegessen!" als relativ furchtbar, zweitens bringt mich dieses Zweifeln dann auch manches Mal dazu, mir Fragen genauer anzuschauen.
Es hat aber auch etwas mit Gefühl zu tun. Mein Glaube fußt sowieso nicht in erster Linie auf Argumenten. Es gibt natürlich vernünftige Argumente für den christlichen Glauben (welche ich vielleicht bei einer Gelegenheit mit mehr Zeit mal für mich hier als eine Art Versuch ausführlicher präsentieren werde), aber es war jetzt nun nicht so, dass damals jemand bei mir vorbeikam und sagte "Hey, du, diese und diese Gründe sprechen für Jesus!" und ich dann gesagt hätte "Bestechende Logik! Bin dabei!". Das ist ja kein Versicherungsgeschäft oder Bankberatungsgespräch. Aber bei mir geht es dabei auch um sowas wie Gefühl. Irgendwas Tieferes. Und gerade bin ich da wieder auf die Probe gestellt. Oft kommt das gerade auch, wenn ich eine Phase habe, wo ich den Eindruck hatte, dass ich gerade relativ gute Erlebnisse im Glauben mache, irgendwas besser verstanden habe...
Doch jetzt ist die Piste gerade wieder steinig. Eigentlich gibt es widersinnigerweise überhaupt keine handfesten Gründe für einen Zweifel. Habe beim Nachdenken dieser Tage überhaupt keinen der Vernunft standhaltenden Grund dafür gefunden, die Zeugenberichte über Jesus infrage zustellen. Da ist einfach dieses "Aber was, wenn es nicht stimmt?". Übung in Vertrauen? Grundsätzlich finde ich ja den Ansatz einer Art "Pascal'schen Wette" da immer ganz gut: es gibt (ich wiederhole mich) recht vernünftige Gründe, die z. B. die Auferstehung Jesu als eine Möglichkeit bestehen lassen. Wenn das nun stimmt, wenn es also dementsprechend auch den Gott der Bibel gibt und seine Verheißungen wahr sind, wäre es hirnverbrannte Idiotie, sich abzuwenden. Und wenn es ihn nicht gibt, dann bin ich oder sind wir Christen eben nur eine weitere Gruppe von Leuten, die sich in meistens guter Absicht in irgendetwas geirrt haben. Aber das wäre dann auch nicht weiter schlimm, oder? Wenn es keinen Gott gibt und kein ewiges Leben, dann lacht dich nach dem Tod auch niemand aus, weil du jetzt drauf vertraut und gehofft hast, Jesus zu sehen, bevor du die Augen schlossest. Eher unwahrscheinlich! Und es ist doch alle mal besser, für etwas gelebt zu haben. Nicht diesen bequemen Weg der Gleichgültigkeit und Feigheit gegangen zu sein.
Und der Wetteinsatz? Gibt es eigentlich nicht. Nichts, was man irgendwie weggeben oder aufgeben würde. Vielleicht ist der einzige Wetteinsatz, dass man ein wenig anders lebt, als man es sonst getan hätte. Froher? Hoffnungsvoller? Konstruktiver? Unerschrockener? Mag sein. Wie gesagt, niemand wird sich aus reiner Vernunftüberlegung ohne innere Anziehung auf den Weg mit Gott machen. Aber wenn man sich, wie jetzt ich z. B., auf diesen Weg begeben hat, kann es schon helfen, sich ab und zu mal die ganze Lage in Ruhe und mit Vernunft anzuschauen.
(Wer jetzt vielleicht diese mehrfach erwähnten vernünftigen Gründe einfach mal für sich selber lesen will, dem sei z. B. die Seite mitdenkend.de empfohlen, wo einiges ganz gut aufgeführt wird.)