So... schon Freitag. Habe viel Zeit mit dem Erstellen von z. B. Geldscheinen verbracht. Und jetzt komme ich noch schnell zum Schreiben.
Momentan habe ich in gewissem Rahmen die Nase voll von "meiner" Gemeinde bzw. allgemein von diesem mainstreamprotestantischen Ansatz. Z. B. dieses Nichttrennen von Politik und Spiritualität. Schlampige Sortierung von Profanem und Heiligem. "Gehört ja zusammen!" höre ich die engagierten Christen rufen. "Christentum ohne gesellschaftliches Engagement und damit verbunden politische Einmischung ist tot!", "Wir müssen die Stimme erheben!" rufen sie weiter.
Ja? Müssen wir das? Mag sein. Aber dann ist das vielleicht zumindest momentan nichts für mich. Ich finde Politik ja wichtig. Aber suche ich sie in der Kirche? Das ist ein bisschen, als ginge man in ein Chinarestaurant mit der Idee, chinesisch essen zu wollen. Und angekommen wird einem eröffnet, es gäbe heute kein chinesisches Essen mehr, nur noch Schnitzel mit Pommes. Klar, das kann man dann auch im Chinarestaurant essen, wo man schon da ist. Aber vielleicht stört man sich (wie ich im übertragenen Sinne) dann an den asiatischen Elementen. Irgendwas, das nicht passt. Schnitzel dann vielleicht lieber im "Lindenwirt" drei Häuser weiter?
Ich empfinde momentan durchaus so etwas wie Religiosität. Wenn ich morgens mit dem Fahrrad unterwegs bin und sehe die Sonne aufgehen. Wenn ich abends einen Spaziergang unternehme und der Wind rauscht in den Bäumen, sonst hört man nichts. Im speziellen Lichtspiel durch die Fenster bei diesem speziellen Wetter zwischen Regen und Sonne. Oder in der Stille. Klar, das ist jetzt keine bibelbegründete christliche Spiritualität. Das ist "nur" meine Religiosität momentan. Ich bete auch. Oder versuche es. Vielleicht aber auch nicht so mit allen Wassern gewaschen. Die Rätselhaftigkeit des Daseins, das Wunder. Damit kann ich etwas anfangen. Ich empfinde etwas, eine nebulöse Sehnsucht nach Mehr, aber ich habe aktuell diesen ganzen Klimbim satt, die kirchlich-theologischen Hohlphrasen, auch die scheußliche Mischung aus Genderstern und Grünen, humanistischen Werten (die ich nicht per se ablehen, aber wie gesagt auch beim "Lindenwirt", um bei dem Vergleich zu bleiben, finde, und dort evtl. besser und stimmiger bekomme.), Beliebigkeit. Beliebigkeit ist vielleicht okay. Aber wenn eh keine Gewissheit existiert, dann nehme auch ich die Verantwortung für mein Glauben lieber selbst in die Hand, als auf verlorenem Posten gegen Windmühlen anzukämpfen bzw. zu glauben. So richtig "mit allen Wassern gewaschen" war ich wahrscheinlich eh nie. Warum auch? Zweifel gehört doch auch zum Leben. Habe auch die Nase voll von den vielerlei moralischen Forderungen an mich, denen ich eh nie Genüge tun kann. Vielleicht ist das dann doch eher was für Menschenfreunde von Kinderschuhen an? Für die guten Menschen? Ich kann kein rein positives Weltbild vertreten. Ich kann keine rein positive Sicht auf Menschen vertreten. Habe auch keinerlei Ambitionen, mir extrovertiertes Verhalten anzugewöhnen. Nee, Danke.
Ebenso die Nase gestrichen voll habe ich von dieser substanzlosen "Demut", die jede menschliche Gestaltungsmöglichkeit zur Glückssache erklärt und als einzige Leistung anerkennt, sich von den Stärkeren nach Strich und Faden verprügeln zu lassen. Stattdessen bekenne ich mich hiermit auch zur menschlichen Geschichte, zur durchaus kritischen aber nicht grundsätzlich negativen Würdigung weltgeschichtlich bedeutsamer menschlicher Leistungen vielerlei Art. Und zum menschlichen Leben als Ganzem, zum auf Gedeih und Verderb Verwobensein mit der Welt, mit Licht und Schattenseiten, mit Schicksal und Sturmlicht.