Dienstag, 24. April 2018

Natur und Gott

Eine Weile habe ich jetzt nichts mehr zu Glaubensthemen im geschrieben. Jetzt will ich mich mal wieder daran versuchen. Mich beschäftigt momentan das Verhältnis von Naturbegeisterung, meinetwegen auch Naturschwärmerei, zum christlichen Glauben. Ist das kompatibel? Die meisten Kirchen haben inzwischen irgendeine gute Art Umweltengagement entwickelt, und aus meiner Erfahrung gehen gerade die typischen kirchlichen Gruppen auch gerne mal z. B. Wandern, oder beschäftigen sich mit Jahreszeit- und Naturthemen. Aber welchen Stellenwert hat die Natur in der christlichen Anschauung? Das, was ich bisher so gelesen habe, könnte man vereinfacht folgendermaßen formulieren:

"Wir Christen schützen die Natur und dürfen uns auch an ihr freuen, weil sie Gottes Schöpfung ist."

Hm... mich stellt das aber so nicht ganz zufrieden. Das beantwortet meiner Meinung nach die Frage nach der Stellung der Natur in der christlichen Weltanschauung nicht. In früheren Zeiten hat man ja z. B. geglaubt, dass es einen "guten Schöpfungsteil" gibt, der eben vom Menschen nutzbar ist (Obstbäume, Nutztiere...) und einen "schlechten Schöpfungsteil" (z. B. diverse Waldbäume, Moore ...), der vom Teufel zur Verhöhnung Gottes und der Menschen geschaffen wurde. Davon ist das Christentum aber seit 700 Jahren zum Glück auch weg. Aber nochmal: Welche Stellung hat die Natur dort jetzt?

Zu sagen "...weil sie Gottes Schöpfung ist." ist für mich vergleichbar damit, wenn angenommen ein Mensch einem anderen Menschen begegnet und ihm sagt: "Ich mag und akzeptiere dich, weil du der Bruder von meinem guten Freund Egon bist." Das wäre doch nicht so schmeichelhaft für den Menschen. Weil er eben der Bruder von Egon ist. Toll.

Und die Natur? Hat sie so keinen Eigenwert? Dürfen wir Wälder, Seen, den Mond, Nebel und Wolken nur als einen Haufen Materie ansehen, der zufällig schön ist, und den wir (überspitzt gesagt) deswegen nicht ganz scheiße und unwichtig finden dürfen, weil Gott hier als Schöpfer im Spiel ist und daher das auch alles auf ihn verweist (aber eben nur so lange die Naturwelt auf Gott verweist)? Hat Gott sich das bei der Schöpfung so gedacht? Vielleicht (das ist jetzt aber eine kühne Aussage!) hat Gott die Schönheiten der Natur ja deswegen geschaffen, weil er sie selber in dieser Art schön gefunden hat? Und wer sagt dass, wo ja auch wir Menschen Freiheit haben und einen Seelenfunken, nicht auch die Natur irgendwo von Gott eine Art Beseeltheit geschenkt bekommen hat? Nein, die Natur ist aus meiner Sicht kein Gott, und ich würde weder Apfelbäume noch Bäume im Wald oder Moore anbeten. Aber ich sehe die Natur auch nicht aus einer materialistischen oder rein theo- oder anthropozentrischen Warte als bloßen Zellhaufen mit zufälliger Schönheit, die wir aber am besten geflissentlich ignorieren sollten oder mit einem inneren Stopschild zur Vorbeugung zu großer Bewunderung bekleben...

Für mich ist die Natur (besonders Wälder und die Gebirgslandschaften) etwas altes, ehrfurchtgebietendes, ein wundervolles Stück Leben, dem ein Gott vielleicht gar ein geheimnisvolles und uns verborgenes Eigenleben geschenkt hat, mit dem wir auf rätselhafte Weise verwoben, und in das wir eingebettet sind auf mancherlei geheimnisvolle Weise.