Mittwoch, 28. Februar 2018

Altlasten

Ich trenne mich: von einem Sölle-Gedichtband

Dieser Tage habe ich entschieden, mich von einem Dorothee-Sölle-Gedichtband zu trennen. Werde ihn entweder in ein öffentliches Bücherregal stellen, oder ganz prosaisch in den Papierkorb schmeißen. Grund dafür ist, dass ich mich damit symbolisch von einer bestimmten Gedankenschule distanzieren und lossagen will.

Als ich damals (darf ich da schon "damals" sagen?) zum Glauben gefunden habe, bin ich auf diesen bestimmten Gedichtband gestoßen und habe mich ganz unkritisch über vermeintlich christliche Lyrik in einem etwas zeitgemäßeren Stil gefreut. Über die Jahre bin ich nun aber zu der Meinung gelangt, dass ich diese spezielle Sölle-Theologie (wenn es überhaupt Theologie ist) so nicht gutheißen oder annehmen kann. Für mich handelt es sich dabei eigentlich nur um spirituell bemäntelten Marxismus. Natürlich bin ich kein absoluter Experte, und wer kann schon definitiv sagen, was Frau Sölle wirklich geglaubt hat? Wenn ich aber so herumblättere, scheint es mir tatsächlich eher so, als hätte sie nicht an einen persönlichen Gott geglaubt. Vor Jahren habe ich auch mal ein von ihr und einer anderen ähnlich gepolten Theologin geschriebenes Buch über Jesus gefunden, in dem sich die Aussage fand, die Evangelien seien (ich glaube so ziemlich wörtlich) nur "Mutmachgeschichten", die "man sich nachts am Lagerfeuer erzählt" habe... (Zum Thema warum für mich diese spezielle Art "weltlichen Glaubens" keinen Sinn macht, habe ich mir an anderer Stelle hier im Blog schon Gedanken gemacht).
Und das ungefähr ist für mich auch immer die Kernaussage dieser Art von "Gott"rede. Befreiung des Menschen. Liebe bleibt. Mut. - Okay? Das war's? Ich verweise nochmal auf den verlinkten Artikel, damit ich nicht alles nochmal schreiben muss, aber für eine humanistische Weltsicht bräuchte ich keinen Gott. Die könnte ich mir auch so zurechtschustern. Aber da fehlt für mich etwas was. Bleiben wir nur beim Menschen, fehlt etwas gründlich, das nicht erklärt und nicht erfüllt werden kann.

Wenn ich auch an so das ein oder andere "landeskirchliche Erlebnis" denke, Predigten, persönliche Gespräche, teilweise fühle ich mich ein bisschen betrogen. Leute erzählten von Gott, persönliche Gespräche über Gott ... und mit der Zeit bei mir der Eindruck, dass die eigentlich etwas ganz anderes meinen, wenn sie "Gott" sagen. Keine Person, eher irgendwelche innermenschlichen Vorgänge? Ein politisches Chiffre? Das mag bei mancher und manchem vielleicht auch ein falscher Eindruck gewesen zu sein. Dennoch: die ein oder andere Erinnerung behält in meinem Gedächtnis den Anstrich von Betrug.

Überhaupt: an dieser Stelle distanziere ich mich von den mancherorts in Kirchen und Gemeinden auch dieses Jahr wieder erfolgenden Werbungen für die Ostermärsche. Ostermärsche. Waren mal wichtig. Aber der kalte Krieg ist vorbei, und die grundsätzliche Beibehaltung der alten Feind- und Rollenbilder mit marginaler Veränderung hier und da bietet für mich keine Lösungsansätze für die großen aktuellen Weltprobleme. Auch mit Kommunisten und anderen Verschwörungstheoretikern mache ich mich nicht gemein. Politik ist wichtig, und über die Frage, in welche Richtung es gehen soll, müssen Christen bestimmt nachdenken, und auch politisches Engagement steht ihnen bestimmt gut zu Gesicht. Aber die Politik von gestern und vorgestern? Ich bezweifle das hier einfach mal.

Zurück zur Einleitung: Hiermit mache ich mich frei von dem allem. Die manchmal heilsame Kraft der Distanzierung darf nun auch wirken!