(Teil 1 hier)
Fortsetzung:
Am
Rande
des
Flusses
lebte
zu
jenen
Zeiten
ein
seltenes
Wesen,
von
dem
ich
nun
erzählen
will.
Besagtes
Wesen
wurde
als
Manottidil
bezeichnet,
wie es dazu gekommen ist, das
erfahren
wir
noch
genauer.
Das
Manottidil,
das,
wenn man genau ist, zu
Beginn
dieser
Geschichte
noch
nicht
Manottidil
genannt
wird,
sah
einem
Krokodil
nicht
unähnlich,
nur
war
es
kleiner,
kräftig
geschuppt
mit
einem
gesunden,
rötlichen
Teint,
und
anders
als
bei
einem
Krokodil
flackerte
das
Irrlicht
milden,
freundlichen
Größenwahns,
wie
wir
ihn
bei
Museumsdirektoren
kurz
vor
der
Pensionierung
oder
malenden
Postboten
finden,
durch
sein
Angesicht,
wenn
besagtes
Manottidil
seinem
Gegenüber
bei
einem
Glas
maltesischen
Rotweins
tief
und
forschend
in
die
Augen
blickte
(was
jedoch
zu
damaligen
Zeiten
den
wenigsten
Menschen
passiert
sein
dürfte…).
Viele
Jahre,
wenn
nicht
Jahrzehnte,
hatte
das
Manottidil
unscheinbar
auf
einer
Sandbank
des
Flusses
gelebt,
kaum
beachtet
von
der
Welt.
Es
hatte
dort
seine
jetzige
Ehefrau
Julisanda
kennen
gelernt,
Hochzeit,
Hochzeitsnacht
und
Flitterwochen
hatten
ebenda
stattgefunden.
Mit
seiner
Lage
war
das
Manottidil
nicht
unzufrieden
gewesen
und
nie
wäre
es
auf
den
Gedanken
gekommen,
sich
zu
beschweren…
Eines
Tages, das Manottidil war soeben dabei, halluzinierend in seinen
gewohnten Nachmittagsschlaf zu versinken, ereignete sich folgende
folgenreiche Begebenheit:
Wie
eingangs
erwähnt,
pflegte
in
der
Stadt
große
Verwirrung
zu
herrschen,
und
Ideen
jeder
Farbe,
Form
und
Größe
waren
stark
nachgefragt im Volk.
Diese
Erscheinung
der
Mode
hatten
sich
findige
Buchdrucker
und
Verlage
zu
eigen
gemacht
und
entsendeten
regelmäßig
würdig
gekleidete
Herrschaften
dorthin,
um
Bücher
aus
Reihen
mit
klangvollen
Namen
wie
„Der philosphistische
Edelmann“,
„Mensch,
Natur
und
Weltall“,
„Gott
im
Ganzen“
oder
„Kant,
Montesquieu
und
andere
Scheußlikeiten“
feilzubieten.
Eben ein
solcher Vertreter spazierte, Herr Manottidil sah gerade einer
Schmeißfliege nach, die es für einen prachtvollen siebenfarbigen
Schmetterling hielt, am Flussufer rechts neben der Sandbank vorbei.
„Potz
Schlapperment!“
dachte
das
Manottidil,
„Ein
Hut,
ein
Anzug,
und
darunter
ein
Mensch!
Wollte
schon
immer
mal
probieren,
wie
so
was
schmeckt“.
Sprach’s
und
verzehrte
den
Vertreter,
der
auch
durch
sein
gewinnendstes
Verkäuferlächeln
die
Gnade
des
seltsamen
Geschöpfes
nicht
erhaschen
konnte
samt
einer
Werkausgabe
von
Winckelmanns
gesammelten
Schriften
zur
Kunstgeschichte,
Lemerys
„Vollständigem
Materialien-Lexicon“
und
einer
„Enzyklopädie
des
Weltwissens
in
4277
Bänden
samt
einem
Nachwort
von
Prof.
Dr.
Claudius
Augustinus
Seemann“,
als
Anhänger
feiner
Tischsitten
jedoch
nicht,
ohne
vorher
den
makellosen
Nadelstreifen-Anzug
von
der
unerwartet kommenden
Speise
zu
entfernen
und
diesen
feinsäuberlich
zusammenzulegen.
Aber!
groß
war
die
Reue
auf
solche
Tat…
Unser
Geschöpf,
normalerweise
strenger
Verfechter
von
Selbstzucht
und
maßvollen
Lebensstils,
konnte
seine
eigene
Impulsivität
kaum
fassen
und
lief
grübelnd
so
lange
am
Flussufer
auf
und
ab,
bis
man
die
so
entstandene
Linie
bis aus
dem
Weltraum
sehen
konnte, und manch
eine
in
diesem
Moment
an
der
Erde
vorbeisausende,
abergläubische
Sternschnuppe
mag
die
Striche
am
Ufer
so
für
einen
ägyptischen Zwilling
der
Nazca-Linien
gehalten
haben.
Es
war
bereits
Nacht
geworden,
als
sich
die
von
dem
Manottidil
als
Beilage
verzehrten
Buchstaben
und
die
von
ihnen
transportierten
Lehren
vom
Magen
ins
Gehirn
vorgearbeitet
hatten
und
dort
ihre
Wirkung
zu
entfalten
begannen…
Es
lief
mit
ungewohnt
festem
Schritt
zurück
an
die
Stelle
seines
nachmittäglichen
Mahles,
schlüpfte, erst
zögernd,
dann
immer
selbstverständlicher, in
die
feinen
Kleidungsstücke des unglücklichen
Verzehrten,
warf
einen
Blick
in
den
runden,
silbernen
Vollmond,
um
sich
in
den
Wassern
seiner
Mondmeere
zu
spiegeln
und
stellte
fest,
dass
es
so,
elegant
und
geschäftstüchtig
auf
zwei
Beinen
in
der
großen,
krummen
Welt
stehend,
einen
enorm
beeindruckenden
Anblick
darbot.
Nun
wurde
ihm
klar,
auch
unter
dem
Einfluss
der
nun
minütlich
stärker
wirkenden,
über
den
Magen
aufgenommenen
Bildungsinhalte,
dass
wohl hier
an
diesem
Fluss,
in
dem
Blechbüchsen
und
Bastkörbchen
trieben,
der
eher
braun
als
blau
war,
kein
Staat
zu
machen
war
und
die
Welt
das
Manottidil
geradezu
rief,
laut
und
klar,
und
im
Hintergrund
der
geisterhaften
Szenerie,
noch
hinter
den
neben
dem
Fluss
liegenden
Palmenhainen,
zogen
schwere
Wolken
auf
und
ein
Gewitter
entlud
sich
in
der
Ferne,
wie
zu
den
Zeiten
der
Titanen,
als
die
Götter
des
alten
Griechenlands
geboren
wurden.
Frau
Julisanda,
die
das
ungewöhnliche
Schauspiel,
welches
ihr
Ehemann
seit
dem
Nachmittag
aufführte,
kritisch
und
leicht
besorgt
beobachtet
hatte,
konnte
schließlich nicht
mehr
abwarten und sie
trat neugierig äugend
aus
dem
Schatten der Palmen heraus.
Ihr
Ehegemahl schaute immer noch gebannt und bezaubert in den
Nachthimmel, wo sich in den Meeren des Mondes sein Ebenbild
spiegelte. Als Herr Manottidil schließlich Notiz von seiner Frau
nahm, trat er einen wohldosierten Schritt nach vorne und setze mit
balsamischer Baritonstimme zu singen an:
„Die
Weltenkönigin ruft laut uns in die Lande zu spazieren
Und
heißt ein treues Bild zu machen uns von ihren Reichen
Sie
mahnt uns dies und jenes überall vergleichen
Von
hier
bis
wo
die
Wetterwinde Sinfonien
dirigieren!
Wir
wollen
uns
entsprechend
dann
in
Bälde
auch
besinnen
Und
nichts als Mut und Lust und Zuversicht gewinnen.“
Das
Manottidil
tat
dann ein
paar
beherzte
und
erstaunlich
grazile
Sprünge
und
zeigte
mit
seinen
Klauen
wie
ein
fröhlich Wahnsinniger
in
alle
Himmelsrichtungen,
wobei
es
munter die
Namen
„London!
Shang-Hai!
Budapest!
Ma-da-gaskar!“
ausrief,
als
wären
es
alte
Busenfreunde,
unterbrochen
nur
von
theatralisch
deklamierten
Zitaten
aus
Wilhelm
Müllers „Winterreise“.
Frau
Julisanda hatte sich inzwischen
abgesetzt und spazierte
einige
Schritte
den
Fluss
entlang.
Als
sie
zurückkam,
schüttelte
sie
nur
leise
seufzend
den
Kopf,
drückte
ihrem
Gemahl
die
Klaue
und
murmelte „Was auch immer,
aber ich begleite dich.“
Das
Geschöpf war nun guter Dinge. Ausgestattet mit Bildung,
Erdbeermarmelade, Thunfischkonserven, und mit einem sündhaft teuren
Nadelstreifenanzug fühlte es sich bereit zum Sprung in die große
Welt hinaus.
Voll
Schaffenskraft, Labkrautschwärmern, paranoider Echos
wonnemonatlicher Panikattacken, dem Hallen verschlafener
Priesterstimmen in Gespensterseminaren, packte es seine Taschen.
Noch
in
derselben
Nacht
durchhasteten
Frau
und
Herr
Manottidil
die
sogar
zu
dieser
Zeit
noch
tosende
Stadt,
wo
einige
Religionsgemeinschaften
gerade
hohe Feiertage
einläuteten.
Sie
wühlten
sich
durch
die
Menge
aus
Derwischen,
Priestern,
aufgehetzten
Gläubigen
und
Süßwarenverkäufern,
drängelten
Polizisten,
alte
Frauen
und
Taschendiebe
zur
Seite,
bis
sie
den
alten
Hafen
erreicht
hatten,
wo
sie
das
venezianische
Dampfschiff
„Papst
Laurus
IV.
und
Siebenschläfer“
bestiegen.
...................Fortsetzung folgt! .................................................................................................