Freitag, 10. Februar 2017

Nächste Runde des Manottidils

Weiter geht es mit der Saga vom Manottidil:
(Teil 1 und Teil 2 hier)



2. Kapitel

Zu der Zeit unserer Geschichte, oder kurz davor, war Venedig eine wichtige Größe im Mittelmeer was den Handel und das Transportieren von allerhand fernsüchtigen Reisenden anging. Die „Papst Laurux IV. und Siebenschläfer“ hatte in den Jahren seit ihrer Jungfernfahrt bereits einige tausend Seemeilen hinter sich gebracht. Datteln von Zypern nach Agios Nikolaos auf Kreta, Olivenöl von Athen nach Nizza, Die Lagerräume und Decks hatten Statuetten aus blassem, adeligem Marmor, Wein, Gewürze, Getreide, verschiedene Tiere und unzählige Reisende hin zu den mannigfachsten Zielen gesehen.

Die Mannschaft der „Papst Laurus IV. und Siebenschläfer“ bestand größtenteils aus ehemaligen Insassen griechischer Besserungsanstalten und stark individualistischen Abenteurern, war eine struppig-bunte Mischung aus Menschen unterschiedlichster Herkunft und Überzeugung. Dementsprechend schwierig gestaltete sich auch der Alltag an Bord des Schiffes.

Als eine der bemerkenswerten Eigenarten ist die Gepflogenheiten der Mannschaft zu erwähnen, in ungefähr jedem zweiten Hafen so lange die Arbeit ruhen zu lassen, bis der gerade diensthabende Kapitän einer Umbenennung des Schiffes zustimmte. Die Gründe, weshalb die Mannschaft dies immer wieder forderte, lag in der bereits angedeuteten Diversität der Ansichten unter den Seeleuten.
Steuerte man beispielsweise eine griechische Insel in der Ägäis an, auf der noch die Dünste verjährten Heidentums zu schnuppern waren, konnte es gut sein, dass zehn Mann berauscht von dem Ambra der antiken Glorie aufsprangen und lautstark forderten, ihr Schiff möge fortan „Königin Iphimedeia im Tempel der Pallas Athene zu Mykonos“ heißen und dies so lange vehement vertraten, bis eine Umbenennung des Schiffes auch durchgeführt wurde. Kurz bevor das Schiff im Hafen der Stadt, in der die Reisen des Manottidil, von denen hier zu erzählen ist, ihren Ausgangspunkt hatten, eingelaufen war, hatte der Schiffsname beispielsweise noch „Heiliger Nikolaus von Myra“ und „Die von Zeus geraubte Europa“ gelautet, bis 70% der Mannschaft auf einer Insel ein katholisch angehauchtes Erweckungserlebnis hatten und das alte Namensspiel in eine neue Runde ging. Seit dem erstmaligen Inseestechen hatten aufgrund der besonderen Umstände demnach geschätzt 41 Kapitäne und 2 Kapitäninnen entnervt das Handtuch geworfen. Man munkelt, dass nicht wenige davon später Einsiedler geworden sind.

Ein neuer Tag war angebrochen, milde Winde bliesen den vereinzelt an Deck des Dampfers stehenden Seereisenden ins Gesicht, eine Schubkarrenladung Delfine sprang hie und da aus dem Wasser, frustriert und gelangweilt von der stillen Einsamkeit der Unterwasserwelten.

Seit Tagesanbruch war auch das Manottidil auf Deck, verfolgt von einem Rattenschwanz neugieriger Reisender, mit denen es eifrig palaverte, wissbegierig auf alle Geschichten über Geschehnisse auf dem Erdenrund.

Unter den Diskutanten tat sich ein honoriger Großkaufmann aus Florenz besonders hervor, der ein wenig an den Neptun des berühmten Neptunbrunnens seiner Heimatstadt erinnerte.
Wann immer das Manottidil einen Satz beendet hatte, gleichgültig zu welchem Thema, sprang genannter Kaufmann wie ein elastischer Schulbub auf und nieder und rief Dinge ähnlich wie „Trefflich! Gut gesagt!“, sodass nach einiger Zeit nicht wenige missbilligende Blicke ihn getroffen hatten.
Seine rege Teilnahme, so muss man sagen, geschah nicht aus reinem akademischen Interesse. Wenn seine kaufmännischen Aktivitäten ihm die Zeit ließen, ging er seiner eigentlichen Passion, der Hobbyzoologie nach. Und in seinen kühnsten der kühnen Träume gelang ihm schlussendlich der Große Wurf: Eine neue Tierart, von ihm entdeckt, nach ihm benannt.
Nur Gott und die Beamten zahlloser Fürstenhöfe wussten, wie viele tausend verschiedene im Unrat lebende Käfer, Würmer, Spinnen und Kröten der ehrwürdige Handelsmann, im falschen Glauben, nun erfolgreich gewesen zu sein, im Laufe seines Lebens bereits diversen Potentaten mit Widmung und Bitte um Kenntnisnahme zugeschickt hatte.

Sollte nun der große Tag gekommen sein? Die Pulsfrequenz des Freizeitzoologen erreicht nie gesehene Spitzenwerte und endlich!, endlich! gelang es ihm durch das beherzte zur-Seite-schubsen zweier bayerischer Nudelholzkrämer direkt vor das Fabelwesen zu gelangen und ihm die Klaue zu drücken.
Gneeeeediger Härr!“ setze er an zu sprechen und klang dabei nicht unähnlich einer Ziege, die sich anschickt, sämtliche Sopranarien aus Händels Orlando gleichzeitig herunterzusingen. „Gneeediger Härr! Und nätürlich gnedige Damé! Wüührden sie mich unter Deeck in den Speisesaal begleiten? Gerne lüde ich Sie zu einer Suppe oder einer kleinen Erfrischung ein!“

Julisanda, der die Seefahrt guten Appetit bescherte, drückte ihrem Ehegatten energisch die Seite, aufdass dieser verstehen möge, was die Stunde geschlagen hätte. So setzte man sich denn unter Deck an einen Tisch, verzehrte mehrere Teller scharfer Suppe und leerte den ein oder anderen Krug besten Weins und war guter Dinge.


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