Samstag, 11. August 2018

Alles und Eines

Jetzt wird es hier vielleicht etwas "heidnisch". Man verzeihe mir das.
Momentan lese ich neben anderen Büchern "Anam Cara" von John O'Donohue. Er setzt sich da auch mit dem Bewusstsein auseinander, dass wir als Menschen rein vom Gesichtspunkt der Bestandteil ja auch aus "Erde" (ich verwende "Erde" vereinfachend als Chiffre für eben die Elemente, aus denen alles hier und im Universum besteht) sind, daher auf wundervolle Weise in Verbindung mit der uns umgebenen Natur stehen. Wir sind, so interpretiere ich O'Donohue, ein Teil der Natur, in dem sie Bewusstsein erlangt, in dem sie die von ihr herbeigesehnte Möglichkeit entwickelt, Ausdruck zu finden und sich selbst zu betrachten. Schon den Gedanken, dass der Mensch auch "Erde" ist, finde ich nun nicht ganz unbiblisch. Ergänzend sei gesagt, dass O'Donohue ja jetzt kein heidnischer Esoteriker war, sondern zumindest eine Zeit seines Lebens katholischer Priester (genauer: Jesuit) gewesen ist.
Wenn man den Teil mit der sich selbst erkennenden Natur hier in diesem Abschnitt noch um "Gott erkennend" ergänzt, wäre das auch nicht falsch.
Im entsprechenden Abschnitt von "Anam Cara" zitiert der Autor noch ein Gedicht eines frühen irischen Dichters namens Amairgean. Dieses möchte ich gerne teilen. Weiterhin habe ich das nun folgend angeführte Gedicht beim Bedenken in Verbindung gebracht mit einem weiteren Gedicht von Arthur von Wallpach, das Sturmpercht auch vertont haben. Ich finde es teilweise ähnlich in seiner Gedankenwelt. Ich stelle nun beide Gedichte nebeneinander und hoffe, sie mögen dem Leser Freude und gute Gedanken bringen.


Ich bin der Wind, der auf die See atmet
Ich bin die Woge des Ozeans,
Ich bin das Murmeln der Wellen,
Ich bin der Stier der sieben Kämpfe,
Ich bin der Geier auf den Felsen,
Ich bin ein Strahl der Sonne,
Ich bin die lieblichste Pflanze,
Ich bin der wilde Eber in seinem Mut,
Ich bin der Lachs im Wasser,
Ich bin ein See in der Ebene,
Ich bin ein Wort des Wissens,
Ich bin die Spitze des Speeres in der Schlacht,
Ich bin der Gott, der das Feuer im Kopf erschuf.


(J. O`Donohue "Anam Cara", Deutscher Taschenbuch Verlag München,
20. Auflage 2012, S. 114, n. d. engl. Übersetzung durch P. Murray)




Ich bin vom Blut der Heiden
Und kann die Gottnatur
In Gut und Schlecht nicht scheiden:
Sie ist mir Eines nur.

Ihr prägt viel tausend Namen,
Zerlegt bis zum Atom,
Doch alles ist ein Samen,
Ist eines Lebens Strom.

Die Weltenseele schweben
Fühl ich im Tropfenfall,
Im linden Wipfelbeben,
Im Wetterwiderhall.

Sie grub im Vorweltschweigen
Am Fels die Runenschrift,
Flüstert im Blumenreigen
Der freien Alpentrift.

Sie singt im Föhnsturmbrausen
Vom Aufersteh`n der Saat,
Sie ruft im Sturzbachbrausen:
Erlösung ist die Tat!

Ich hab mich selbst gefunden
In jeder Kreatur,
Bin unlösbar verbunden
Ein Teil der Allnatur.

Ein Funken, nie verknistert
Bin ich vom Urlichtschein,
Von Ewigkeit verschwistert
Mit Wald, Getier und Stein.


(Arthur v. Wallpach, Tirol, ca. 1900)